Die ersten sechs Wochen nach der Geburt: Körperliche Veränderungen, Herausforderungen und die Rolle der Beckenboden-Physiotherapie
- Yuliia Storozhylova
- 5. Jan.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 9. März
Die ersten sechs Wochen nach der Geburt: Körperliche Veränderungen, Herausforderungen und die Rolle der Beckenbodengymnastik
Die ersten sechs Wochen nach der Geburt sind eine Zeit intensiver körperlicher Veränderungen und Anpassungen. Der Körper beginnt sofort mit der Heilung und Rückbildung - ein natürlicher Prozess, der oft unterschätzt wird. Dieser Artikel beleuchtet zunächst, was in dieser Zeit im Körper passiert, geht dann auf die heutige Praxis der Rückbildung ein und zeigt schließlich, warum eine frühzeitige Beckenbodengymnastik so wichtig ist.
Was geschieht in den ersten Wochen nach der Geburt?
Unmittelbar nach der Geburt setzt der Körper eine Vielzahl von Heilungs- und Anpassungsprozessen in Gang, um wieder normal zu funktionieren und den neuen Anforderungen gerecht zu werden:
- Rückbildung der Gebärmutter: Nach der Geburt beginnt die Gebärmutter sofort mit der so genannten Rückbildung. Sie zieht sich zusammen, um die Blutung zu stoppen und ihre ursprüngliche Größe wiederzuerlangen. Unterstützt wird dieser Prozess durch das Hormon Oxytocin, das auch beim Stillen ausgeschüttet wird und die Kontraktionen der Gebärmutter fördert. Der sogenannte Wochenfluss (Lochia) begleitet die Heilung über mehrere Wochen und verändert sich in Farbe und Stärke. In der Regel dauert der Wochenfluss etwa vier bis sechs Wochen, kann aber individuell variieren.
- Veränderungen in der Brust: Das Stillen spielt nicht nur für die Bindung zwischen Mutter und Kind eine wichtige Rolle, sondern unterstützt auch die Rückbildung. Der Milcheinschuss tritt in den ersten Tagen auf und kann zu Spannungsgefühlen führen. Regelmäßiges Stillen hilft, diesen Prozess zu stabilisieren.
- Heilung von Geburtsverletzungen und Kaiserschnitt: Geburtsverletzungen am Damm oder durch Kaiserschnitt sind häufig. Etwa 60-90% der Frauen erleiden nach einer vaginalen Geburt eine Form der Geburtsverletzung, Kaiserschnitte machen in Deutschland etwa 30,9% aller Geburten aus. Beide Fälle benötigen Zeit zur Heilung und sind mit körperlichen und emotionalen Herausforderungen verbunden.
- Beckenbodenfunktionsstörungen und andere Beschwerden: Der Beckenboden wird während Schwangerschaft und Geburt stark beansprucht. Häufige Symptome einer Beckenbodenfunktionsstörung sind Inkontinenz, Schweregefühl im Beckenbereich, Schmerzen und Rektusdiastase (Auseinanderweichen der Bauchmuskulatur). Der Beckenboden braucht Zeit und gezielte Unterstützung, um seine Funktion wiederherzustellen und langfristigen Problemen vorzubeugen.
Die heutige Praxis der Rückbildung: Abwarten oder frühzeitiges Eingreifen?
Obwohl der Körper unmittelbar nach der Geburt mit der Heilung und Rückbildung beginnt, ist die heutige Rückbildungspraxis oft zurückhaltend. In vielen Fällen wird empfohlen, etwa sechs Wochen zu warten, bevor mit einem Rückbildungskurs begonnen wird. Physiotherapeuten kommen zwar in die Geburtsklinik, um erste Übungen zu zeigen, aber zu Hause wird dieser Prozess oft unterbrochen. Viele Frauen glauben, dass sie erst ab der sechsten Woche mit gezielten Übungen beginnen können.
Das Problem: Der Alltag fordert den Körper direkt nach der Geburt. Sitzen und Aufstehen mit dem Neugeborenen auf dem Arm, das Tragen des Kindes und langes Stehen oder Gehen sind schon in den ersten Wochen unvermeidlich. Der Körper passt sich diesen Anforderungen an und beginnt sofort mit der Regeneration, unabhängig davon, ob gezielte Übungen durchgeführt werden. Aus anderen medizinischen Bereichen wie der orthopädischen Rehabilitation ist bekannt, dass eine frühzeitige Rehabilitation wichtig ist, um langfristige Funktionseinschränkungen zu vermeiden. Studien zeigen, dass ein früher Rehabilitationsbeginn die Funktionsfähigkeit langfristig sichert - dennoch wird Frauen nach der Geburt oft geraten, den Heilungsprozess erst nach sechs bis acht Wochen aktiv zu unterstützen.
Was wir tun können: Die Bedeutung von Beckenbodengymnastik und Frühintervention
Hier kommt die Beckenbodengymnastik ins Spiel. Sie ist entscheidend, um die Regeneration zu unterstützen, die Muskulatur zu stärken und Funktionsstörungen vorzubeugen. Die Physiotherapie setzt auf ein gezieltes Beckenbodentraining und berücksichtigt die individuellen Bedürfnisse und Belastungen im Alltag. Ein erfahrener Beckenboden-Physiotherapeut kann den Zustand der Muskulatur genau beurteilen und einen individuellen Rehabilitationsplan erstellen.
Der Nutzen einer frühzeitigen Intervention durch Beckenbodenphysiotherapie zeigt sich in mehreren Bereichen:
- Frühe Beckenbodenübungen zur Stabilisierung und sanften Aktivierung, die bereits in den ersten Tagen durchgeführt werden können und die natürliche Rückbildung unterstützen.
- Kräftigung der Muskulatur zur Vorbereitung auf alltägliche Belastungen wie Heben, Tragen und Gehen.
- Prävention von Langzeitbeschwerden wie Inkontinenz und chronischen Schmerzen, die durch eine verzögerte Rehabilitation entstehen können.
Die individuelle Betreuung in der Beckenbodengymnastik ist besonders wichtig, da jede Frau andere Voraussetzungen und Ziele hat. Je nach Alltag und Belastung - ob Heben und Tragen des Babys, Spaziergänge oder sportliche Aktivitäten - variiert der Rehabilitationsprozess. Physiotherapie hilft, die Heilung zu unterstützen und langfristig die Basis für eine optimale Funktionsfähigkeit zu legen.
Die ersten sechs Wochen nach der Geburt sind geprägt von intensiven körperlichen Veränderungen und Heilungsprozessen. Ein frühzeitiger Beginn der Rehabilitation ist entscheidend, um den Körper aktiv bei der Rückbildung und Kräftigung zu unterstützen. Die Beckenbodengymnastik bietet gezielte Hilfe bei der Regeneration und ist ein wichtiger Schritt, um die Stabilität und Belastbarkeit langfristig zu sichern. Ein frühzeitiger Beginn fördert die Heilung und ermöglicht eine gestärkte Rückkehr in den Alltag - ohne auf einen festen Termin warten zu müssen.
Dein nächster Schritt : Beckenbodentraining und Rückbildung mit mir
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- Quellen:
- American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG). "Postpartum Care."
- World Health Organization (WHO). "Postpartum care of the mother and newborn."
- National Institute for Health and Care Excellence (NICE). "Postnatal care up to 8 weeks after birth."
- European Journal of Obstetrics & Gynecology and Reproductive Biology. "Perineal trauma and its prevention."
- Statistisches Bundesamt (DESTATIS). "Kaiserschnittrate in Deutschland."
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