Pelvic Organ Prolaps (POP): Ursachen, Behandlungsmöglichkeiten und der Weg zu mehr Lebensqualität
- Yuliia Storozhylova
- 9. März
- 4 Min. Lesezeit
Was ist POP und wie häufig kommt es vor?
Pelvic Organ Prolaps (POP), auch Beckenorganprolaps genannt, bezeichnet das Vorfallen von Beckenorganen wie Gebärmutter, Blase oder Darm aufgrund einer Schwächung oder Überlastung der Haltestrukturen. Diese Strukturen bestehen aus Bändern, Bindegewebe und Muskeln, die zusammenarbeiten, um die Organe an ihrem Platz zu halten. Wenn diese Unterstützung nachlässt, kann es zu einem Druck-, Schwere- oder Fremdkörpergefühl in der Scheide kommen. Manche Frauen haben das Gefühl, dass „etwas heraushängt“.
POP ist keine seltene Erkrankung. Studien zeigen, dass bis zu 50 % der Frauen, die vaginal entbunden haben, eine Form des Prolapses entwickeln können, obwohl nur ein Teil von ihnen Symptome verspürt. Die Häufigkeit steigt mit dem Alter, insbesondere nach den Wechseljahren, wenn hormonelle Veränderungen das Bindegewebe zusätzlich beeinflussen.
Risikofaktoren für einen Beckenorganvorfall
Der POP ist eine multifaktorielle Erkrankung, die durch eine Kombination von strukturellen, genetischen und mechanischen Belastungen verursacht wird. Die Hauptrisikofaktoren sind:
Schwangerschaft und Geburt: Vaginale Geburten, insbesondere schwere Geburten mit besonders langer Austreibungsphase oder Geburten mit instrumenteller Hilfe (z.B. Zange) können zu einer Überdehnung oder Verletzung der Haltestrukturen führen.
Genetische Veranlagung: Die Festigkeit des Bindegewebes wird wesentlich durch genetische Faktoren bestimmt. Ein erhöhtes Risiko haben Frauen, bei denen POP in der Familie vorkommen.
Hormonelle Veränderungen: Während der Stillzeit und in den Wechseljahren sinkt der Östrogenspiegel, was das Bindegewebe schwächt und die Festigkeit der Haltestrukturen verringert.
Erhöhter Bauchinnendruck: Chronischer Husten, Verstopfung, ständiges Heben schwerer Lasten (z.B. bei körperlicher Arbeit) oder starkes Pressen beim Stuhlgang können die Beckenorgane zusätzlich belasten.
Koordination des Gesamtsystems: Der Beckenboden arbeitet nicht isoliert, sondern im Zusammenspiel mit anderen Strukturen des Körpers. Ist dieses Zusammenspiel gestört, kann der Beckenboden überlastet werden und seine Stabilität verlieren.
Was kann helfen? - Therapieansätze bei POP
Zur Behandlung eines Beckenorganvorfalls gibt es verschiedene Therapieansätze. Die Wahl der geeigneten Therapie hängt vom individuellen Beschwerdebild und dem Schweregrad der Senkung ab.
Konservative Therapie (nichtoperative Behandlung)
Physiotherapie: Durch gezieltes Training kann die funktionelle Unterstützung der Beckenorgane verbessert werden. Dabei geht es nicht nur um Beckenbodentraining, sondern um eine ganzheitliche Verbesserung der Körperwahrnehmung, der Atmung und der Bewegungskoordination.
Pessartherapie: Ein Pessar ist ein vaginal eingeführtes Hilfsmittel, das die Organe in ihrer Lage unterstützt und Beschwerden, insbesondere bei körperlicher Belastung, lindern kann.
Hormontherapie: Lokale Östrogenpräparate können helfen, das Gewebe zu stärken und Beschwerden wie Trockenheit oder Reizungen zu lindern.
Anpassungen im Alltag: Optimierung der Körperhaltung, richtige Hebetechniken und Strategien zur Druckregulierung (z.B. Atemtechniken, Vermeiden von Pressen beim Toilettengang) sind entscheidend.
Operative Möglichkeiten
Reichen konservative Maßnahmen nicht aus oder ist der Leidensdruck sehr hoch, können operative Verfahren wie die Beckenbodenrekonstruktion oder der Einsatz von Netzimplantaten in Erwägung gezogen werden. Diese sollten jedoch gut abgewogen und mit spezialisierten Ärzt*innen besprochen werden.
Warum ist Bewegung wichtig?
Regelmäßige Bewegung unterstützt das gesamte körperliche System, das für die Stabilität und Funktion der Beckenorgane entscheidend ist. Ein ganzheitlicher Ansatz, bei dem alle Strukturen harmonisch zusammenarbeiten, sorgt für eine optimale Druckverteilung und Belastungskontrolle.
Regelmäßiges Training nach der Geburt ist wichtig, um Muskelschwund vorzubeugen, die Knochengesundheit zu erhalten und das Osteoporoserisiko zu senken. Darüber hinaus trägt körperliche Aktivität dazu bei, das Herz-Kreislauf-System zu stärken und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes zu senken. Studien zeigen, dass körperliche Aktivität langfristig das allgemeine Wohlbefinden steigert und Frauen hilft, ihren Körper wieder als funktionale Einheit wahrzunehmen. Ein individuell abgestimmtes Trainingsprogramm unterstützt nicht nur den Beckenboden, sondern den gesamten Organismus bei der Regeneration nach der Geburt.
An dieser Stelle möchte ich Antony Lo zitieren:
“Restricting activity in the hope of saving a vagina is not promoting holistic women’s health”.
Keine Korrelation zwischen Prolapsgrad und Symptomatik
Der Schweregrad der Senkung korreliert nicht unbedingt mit dem Schweregrad der Symptome. Manche Frauen mit fortgeschrittenem POP haben kaum Symptome, während andere bereits bei einer leichten Senkung starke Beschwerden verspüren.
Das subjektive Empfinden kann stark variieren und wird von vielen Faktoren beeinflusst, z. B. Wahrnehmung, individuelle Empfindlichkeit, hormonelle Schwankungen, Zyklustag, Schlafqualität und Stress. Deshalb ist es wichtig, Frauen ganzheitlich zu unterstützen, sie aufzuklären und ihre individuellen Empfindungen ernst zu nehmen. Die Therapie sollte sich nicht nur am anatomischen Befund, sondern vor allem am persönlichen Beschwerdebild orientieren.
Kegelübungen allein reichen nicht
Beckenbodenübungen wie das Kegeltraining können ein wichtiger Bestandteil der Therapie sein, reichen aber allein nicht aus. Ein nachhaltiges Therapieprogramm muss mehrere Elemente umfassen:
Atmung und intraabdomineller Druckausgleich
Haltungsschulung und Bewegungskontrolle
Kräftigung des gesamten Körpers
Anpassungen im Alltag, um belastende Bewegungsmuster zu vermeiden.
POP ist nicht das Ende - es gibt Hilfe und ein Leben danach
Ein Beckenorganvorfall ist eine häufige, aber gut behandelbare Erkrankung. Mit dem richtigen Wissen und den richtigen Maßnahmen können Frauen ihre Beschwerden deutlich lindern und ihre Lebensqualität verbessern. Es gibt zahlreiche Therapieansätze, die individuell angepasst werden können - von Physiotherapie über Hilfsmittel wie Pessare bis hin zu operativen Möglichkeiten, wenn sie notwendig sind.
Das Wichtigste ist: Ein Prolaps bedeutet nicht das Aus für Sport, Bewegung und Lebensfreude. Mit den richtigen Strategien können Frauen weiterhin aktiv sein, Sport treiben und ein selbstbestimmtes Leben führen. Aktivitäten wie Laufen, Springen, Trampolinspringen oder das Tragen von Kindern sind nicht grundsätzlich tabu, sondern mit angepasstem Verhalten sicher durchführbar. Die Belastung sollte individuell dosiert und den persönlichen Bedürfnissen angepasst werden.
Eine fundierte Beratung durch Fachleute und ein individuell abgestimmter Therapieplan helfen, langfristig beschwerdefrei zu bleiben. Zögere nicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn du Unterstützung brauchst. Professionelle Beratung und ein individuell abgestimmter Therapieplan können dir helfen, deinen Alltag beschwerdefrei zu gestalten und Lebensqualität zurückzugewinnen.
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